Ortsverein Sillenbuch - Historischer Rückblick

Die SPD in Sillenbuch und Riedenberg – ein historischer Rückblick

Die Anfänge 1890/91

Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre des vorletzten Jahrhunderts häuften sich die Gründungen von „Arbeiter-’’ und „Sozialdemokratischen Vereinen“ in Stuttgart und Umgebung, wie überall im damaligen Deutschen Reich. Dies hing mit dem Ende der Bismarckschen „Sozialistengesetze“ 1890 zusammen, mit deren Hilfe die Sozialdemokratie – vergeblich, wie sich herausstellte – vernichtet werden sollte. Dass solche Vereine in damals schon überwiegend von Arbeitern bewohnten Orten wie Feuerbach (Gründungsjahr 1887), Heslach (1887), Prag (1886/87) oder Gaisburg (1889) entstanden, verwundert nicht. Aber in unseren damals von Industrie und Verkehr abgelegenen kleinen Dörfern Sillenbuch und Riedenberg?
Tatsächlich jedoch reichen die Anfänge der Sozialdemokratie auch bei uns hier oben zurück in die Jahre 1890/91. In den beiden kleinen Orten wurden damals voneinander unabhängige Arbeitervereine gegründet. Dies ist leicht erklärbar: Sillenbuch und Riedenberg waren seinerzeit nach völlig verschiedenen Richtungen orientiert: Riedenberg war kommunal mit Birkach verbunden und gehörte zum Amtsoberamt Stuttgart (wie auch Heumaden), und die Sillenbucher, wiewohl seit 1819 selbstständige Gemeinde, tendierten traditionsgemäß nach Rohracker, mit dem sie gemeinsam dem Oberamt Cannstatt zugehörten.

Gründungszeit

So ganz exakt können die Gründungsdaten der beiden Arbeitervereine nicht mehr ermittelt werden. Festmachen lassen sich jedoch zwei Fakten: In der Ausgabe des „Filder-Boten“ vom 14. September 1890 annoncierte der Birkacher Arbeiterverein sein „Erstes Stiftungsfest“ (der Verein wurde am 1.9.1889 gegründet) im „Garten von Joseph Auch in Riedenberg“, also im Garten des heutigen „Rößle“. Und in der „Schwäbischen Tagwacht“ vom 14. August 1891 lud der Arbeiterverein Sillenbuch per Anzeige auf Sonntag, den 16. August, zu einer „Monatsversammlung“ bei „G. Krämer zum Böpserle“ ein, in die Gaststätte „Germania“ also in der Buowaldstraße, bei der die Neuwahlen des Vorstands und des Ausschusses vorgenommen werden sollten.
Die beiden kleinen Vereine permanent am Leben zu erhalten, gelang jedoch in den Anfangsjahren nicht. Über lange Jahre hin überlegten die Mitglieder, ob es nicht günstiger wäre, sich den zahlenmäßig größeren Ortsvereinen in Birkach oder in Rohracker anzuschließen. Schließlich aber etablierten sich die sozialdemokratischen Vereine in unseren Orten, 1901 in Riedenberg und 1904 in Sillenbuch, die – nur zwangsweise durch die NS-Diktatur unterbrochen – bis heute weiter bestehen, seit 1963 in dem „SPD Ortsverein Sillenbuch-Riedenberg“ zusammengeschlossen.

Für die Gründung von sozialdemokratischen Arbeitervereinen und für den ständigen Kampf um deren Erhalt in den Anfangsjahren – für beides gibt es verständliche Gründe. Ersteres ist aus der ökonomischen und sozialen Struktur der Orte zu erklären. Riedenberg und Sillenbuch waren um 1900 Kleinbauern- und Arbeiterdörfer, deren Bewohner hart um ihre karge Existenz arbeiten mussten. Fast alle Kleinbauern waren gezwungen, sich Arbeit in den Fabriken in Stuttgart oder im Neckartal zu suchen, ihre geringe Landwirtschaft reichte zum Lebensunterhalt der Familien nicht aus. Und letzteres liegt in der geringen Bevölkerungszahl der beiden Dörfer begründet, sowie in dem Widerstand, den das „Dorf-Establishment“ den „Roten“ entgegenbrachte. Als 1911 mit Wilhelm Strauß ein Maurer in den Sillenbucher Gemeinderat gewählt wurde, urteilte ein bürgerliches Ratsmitglied: „Was brauchen wir Maurer auf dem Rathaus? Die sollen ins G’schäft gehn!“ Der damalige Schultheiß in Sillenbuch, selber politisch aktiv – er gründete in Sillenbuch einen „Nationalliberalen Verein“ – warf dem Arbeiterverein Knüppel in den Weg, wo es nur möglich war. Als Beispiele seien herausgegriffen die Bemühungen der Sozialdemokraten um eine Änderung der Wahlzeiten bei Gemeinderatswahlen und um eine Verlegung der Sitzungszeiten des Gemeinderats. So fand die Kommunalwahl im Jahre 1904 an einem Montag statt, das Wahllokal war von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Da konnten die meisten Arbeiter, die auswärts „ins G’schäft“ gingen, nicht wählen. Der Antrag des Arbeitervereins, die Wahlzeit bis 20 Uhr zu verlängern, wurde von der „bürgerlichen“ Mehrheit abgelehnt. Und erst, als die SPDler im Bürgerausschuss die Mehrheit errungen hatten, konnten sie 1907 durchsetzen, dass Gemeinderat und Bürgerausschuss nicht nachmittags, sondern abends tagten und dass der Schultheiß die Tagesordnung „mindestens 24 Stunden vorher“ bekannt zu geben habe.

Erste politische Erfolge

Die sozialdemokratischen Arbeitervereine erhielten in Riedenberg und in Sillenbuch rasch viele Mitglieder. Im Jahre 1894 wurden in Sillenbuch 45 SPD-Mitglieder vermeldet, und dies bei 645 Einwohnern; 1893 zählte der Riedenberger Arbeiterverein 25 Mitglieder bei rund 250 Einwohnern.
Bald stellten sich auch Erfolge ein: 1893 konstatierten die Sillenbucher Sozialdemokraten stolz, „daß der Verein eine feste Stellung hat, das mußten unsere Gegner bei der diesjährigen Gemeinderatswahl erfahren, indem derselbe zum ersten Mal in die Wahl eintrat und einen Kandidaten durchgebracht hat.“ Dieser erste „rote“ Sillenbucher Ratsherr war Karl Heinrich Krämer. Im Birkacher Gemeinderat hatte es die Riedenberger SPD bis zum Ersten Weltkrieg auf mehrere Gemeinderäte gebracht: 1904 wird Ernst Wais genannt, 1910 Albert Schwab, 1914 Hermann Stirm. Was der oben erwähnte Sillenbucher Gemeinderat wohl gesagt haben mag, als 1909 mit Albert Gohl der erste Arbeiter ins Rathaus einzog?
Auch die überregionalen Wahlen zeigten die Kraft der Sozialdemokratie in unseren Dörfern. Bei der Wahl zum Württembergischen Landtag 1906 errang die SPD 88 (von insgesamt 139 Stimmen), und bei der Reichstagswahl 1912 war folgendes Ergebnis zu verzeichnen: SPD 111 Stimmen, Nationalliberale 68 Stimmen, Konservative 6 Stimmen.

Während der Nazi-Diktatur: Verfolgt – verboten – verhaftet

Die Jahre 1930 bis 1933 in Deutschland waren überschattet durch die Wirtschaftskrise, durch die immens hohe Zahl an Arbeitslosen und die existentielle Not weiter Bevölkerungskreise, sowie durch die Wahlerfolge der NSDAP.

Auch in unseren Dörfern zeigten sich die Tendenzen dieser Jahre, allerdings in untypischer Form. Seit dem Jahre 1930, seit die Straßenbahn hinauf nach Sillenbuch fuhr (nebenbei bemerkt: vor allem ein Verdienst der jahrelangen Bemühungen des SPD-Gemeinderats Eduard Steinle), vergrößerte sich der Ort in nicht vorhersehbarer Weise rapide und veränderte sein Bild.
Neue Bewohner – gutsituierte Bürger, Freiberufler und höhere Beamte – zogen hierher. Häuser wurden gebaut, Straßen mussten verbreitert oder neu angelegt, die Kanalisation erneuert oder erweitert werden. Die Martin-Luther-Kirche in der Oberwiesenstraße wurde erstellt, der Kolping-Verein baute seine Siedlung am Eichenhain, der Bau- und Heimstättenverein Häuser in der Kirchheimer und in der Silberwaldstraße. Die auch bei uns grassierende Arbeitslosigkeit konnte dadurch gemildert werden. Der Sillenbucher Gemeinderat hatte ein Druckmittel in der Hand. 1932 beschloss er: Bei Neubauten müssen mindestens 80 % der Bauarbeiter hiesige Erwerbslose sein, sonst wird keine Baugenehmigung erteilt!

Die Anhänger der NSDAP – namentlich die Mitglieder der SA – waren auch in unseren Dörfern aktiv. Freilich kam es nicht zu regelrechten Saal- und Straßenschlachten wie in Stuttgart oder in den Arbeitervororten; jedoch musste die Riedenberger SPD im Oktober 1932 gegen „das Treiben der Nazis (Felddienstübungen auf bepflanzten Feldern usw.) auf hiesiger und auf benachbarten Markungen“ protestieren und einen entsprechenden Antrag an das Birkacher Bürgermeisteramt stellen.
Die SPDler beließen es selbstredend nicht bei Protesten, sondern wurden aktiv tätig gegen die braune Flut. In beiden Orten bildeten sich Abteilungen der „Eisernen Front“, eines Zusammenschlusses des republikanischen „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ mit den Freien Gewerkschaften und anderen Arbeiterverbänden mit dem Ziel, die Demokratie gegen Rechts zu verteidigen. In Riedenberg war Alfred Thienger führend tätig. Auch soll – der Erinnerung älterer Riedenberger/innen zufolge – der Organisator des Stuttgarter „Reichsbanners“, Karl Molt, in einem Riedenberger Unterschlupf, den ihm SPD-Genossen gewährt hatten, im März 1933 verhaftet worden sein.
Wie sehr die Sillenbucher Vereine mit der Arbeiterbewegung verbunden waren, zeigte sich auch und gerade in dieser Zeit. Zu Beginn des Jahres 1932 beteiligte sich der Sillenbucher Gesangverein „Liederkranz“ an einer zentralen Veranstaltung der „Eisernen Front“ gegen den Faschismus in Stuttgart. Für diese antifaschistische Haltung gab es allerdings in der Bevölkerung der beiden Orte Rückendeckung. Denn auch auf dem politischen Sektor lassen sich gegenläufige Tendenzen zum allgemeinen Trend der Zeit ausmachen.

Die Reichstagswahl vom 5. März 1933 fand bekanntlich unter Umständen statt, die von einer „freien“ Wahl himmelweit entfernt waren. Alle demokratischen Parteien, die „linken“ vor allem, wurden im Wahlkampf massiv behindert, am Tage der Wahl selber patrouillierten SA-Angehörige vor den Wahllokalen, um die Wähler und Wählerinnen einzuschüchtern. Dennoch: das Ergebnis brachte für die braunen Machthaber eine herbe Enttäuschung.
Ein gutes Drittel der Wählerinnen und Wähler in Sillenbuch gaben nach wie vor der SPD ihre Stimmen (insgesamt 353); KPD und NSDAP waren etwa gleich stark, die Hitler-Partei bekam gerade mal drei Stimmen mehr als die Kommunisten (231 zu 228).

Die Nazis rechneten mit dem politischen Gegner auf zwei Ebenen ab, auf einer offiziellen, quasi legalen und auf einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ Schiene.
Zur ersteren gehörte das so genannte „Gleichschaltungsgesetz“ vom 31. März 1933, nach dem die Zusammensetzung der Gemeinderatsgremien neu vorzunehmen war. Und zwar hatte diese nun den in der Reichtagswahl vom 5. März erzielten Ergebnissen zu entsprechen und nicht mehr denen der letzten Gemeinderatswahl von 1931. Durch einen Verfahrenstrick wurde zudem der Sillenbucher Gemeinderat von acht auf sechs Sitze reduziert. Durch das Verbot der KPD entfielen deren Sitze ganz, die SPD stellte jedoch mit drei Sitzen immerhin die Hälfte der Sillenbucher Ratsmitglieder. Doch schon im August 1933 wurden diese ihrer Ämter enthoben, und der Sillenbucher Gemeinderat verkleinerte sich auf drei NS-Sitze. Im Oktober 1933 dann setzte der Kreisleiter der NSDAP drei weitere braune Ratsherren ein – der Wählerwille war nicht mehr gefragt.
Zu den so genannten „rechtlichen“ Maßnahmen gehörten auch die Gleichschaltungen der Vereine, die den Arbeiterverbänden angehörten. Bereits im März 1933 wurde der Sillenbucher Sportverein, die Freie Sportvereinigung, als Mitglied des Arbeiter-Turn-und-Sportbundes aufgelöst und das gesamte Vereinsvermögen beschlagnahmt. Im Sommer traf die gleiche Maßnahme den hiesigen Kleintierzüchterverein und den „Liederkranz“, hier eher wohl wegen des SPD-freundlichen Vorstands. Im Juni wurde die Freiwillige Feuerwehr gleichgeschaltet, deren bisheriger Spritzenmeister Otto Knorpp, KP-Gemeinderat, „ersetzt“. Besondere Beachtung und Behandlung wurde dem Waldheimverein zuteil, sein gesamter Besitz von den Nazis einfach konfisziert und übernommen, bereits im Juni 33 richtete die Hitlerjugend im Waldheimgebäude eine HJ-Führerschule ein. Nicht wenige Mitglieder des Waldheimvereins wurden verhaftet, der letzte Vereinsvorsitzende, Heinrich Baumann, kam 1945 im KZ Dachau ums Leben.

Am 13. Mai 1933 beschlagnahmte der Sillenbucher Oberlandjäger sämtliche Unterlagen und Gegenstände des SPD- Ortsvereins, von der Mitgliederkartei bis zur Tischglocke. Der Riedenberger SPD-Vorsitzende Hermann Kohler schrieb in das Protokollbuch: „Anläßlich der Gefahr von Haussuchungen am 11.3.33 in besondere Verwahrung genommen. H.K.“ Diese besondere Verwahrung bestand darin, dass Kläre und Alfred Hermann das Buch in einen Metallbehälter steckten und in ihrem Garten vergruben, wo es auch sicher die NS-Diktatur überstand. Am 30. Juni 1933 schließlich erfolgte die offizielle Verfügung über die Auflösung der SPD in Württemberg.

In Sillenbuch verhaftete die SA – ohne eine gerichtliche Verfügung selbstverständlich – den SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Karl Buchtel, in Riedenberg die Sozialdemokraten Wilhelm Wais und Alfred Thienger, der als führendes Mitglied des Reichsbanners auf den Fildern etwa ein halbes Jahr in das KZ Heuberg gebracht wurde. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass in Sillenbuch die KPDler Adolf und Albert Gohl, Otto Knorpp und Gustav Muschal ebenfalls in „Schutzhaft“ genommen wurden.
Das KZ Heuberg war neben Dachau das bekannteste Konzentrationslager in Süddeutschland. Der Heuberg ist eine Hochfläche im südwestlichen Teil der Schwäbischen Alb. Wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg war dort ein großer Truppenübungsplatz entstanden, dessen Baulichkeiten nun zur Unterbringung der „Schutzhäftlinge“ dienten.

Wir erinnern: bei der Reichstagswahl im März 1933 hatten über 65 % der Sillenbucher Wählerinnen und Wähler der SPD und der KPD ihre Stimmen gegeben und nur 22,1 % hatten die NSDAP gewählt. Die Nazis hatten also hier keinen leichten Stand. Dennoch: offiziell und amtlich besetzten sie alle wichtigen Posten in der Gemeinde. Doch die verfolgten und verhafteten Nazi-Gegner und ihre Familien konnten mit der Solidarität vieler Mitbürger rechnen. Sie behielten weitgehend ihre Arbeit, durften weiterhin am Stammtisch ihr Bier trinken; der Architekt Eduard Steinle – vor der NS-Zeit SPD Gemeinderat – konnte Häuser in Sillenbuch entwerfen. Nur – den Mund mussten sie natürlich halten.
Denunziationen waren in unseren Dörfern selten, wenn sie erfolgten, dann aus persönlichen oder missgünstigen Motiven oder aus Kreisen der neu zugezogenen bürgerlichen Schicht. Doch der Sillenbucher NS-Ortsgruppenleiter, obwohl überzeugter Nazi, gab Anzeigen – soweit er dazu die Kompetenz hatte – grundsätzlich nicht weiter, sondern warf sie in den Papierkorb. Dies bestätigte der SPD-Vorsitzende Karl Buchtel nach 1945 im Entnazifizierungsverfahren gegen den ehemaligen örtlichen Naziboss.

Demokratischer Neubeginn

Mit dem Einmarsch französischer Kampftruppen am 21. April 1945 endeten für die Sillenbucher und Riedenberger Bevölkerung Krieg und Nazi-Herrschaft. Damit hörte aber auch die deutsche Selbstverwaltung auf, die alleinige Souveränität lag bei den alliierten Siegermächten. Jede politische Tätigkeit war den Deutschen verboten. Dies änderte sich am 27. August 1945, an dem Tag, an die alliierte Militärbehörde die Bildung politischer Parteien zunächst auf lokaler Ebene wieder gestattet wurde. Am 4. September 1945 wurde die SPD im Kreis Stuttgart zugelassen und konnte wieder öffentlich auftreten. Alle Versammlungen waren jedoch genehmigungspflichtig, und über jede Zusammenkunft musste der Militärregierung berichtet werden.

So lange allerdings hatten die Sillenbucher und Riedenberger Sozialdemokraten nicht gewartet. Obwohl offiziell nicht erlaubt, nahmen die alten SPD-Mitglieder schon im Frühsommer Kontakt miteinander auf. Karl Buchtel und Friedrich (Fritz) Dreizler in Sillenbuch, Hermann Kohler und Alfred Hermann in Riedenberg trafen sich mit den alten Genossinnen und Genossen, um die beiden Ortsvereine wieder ins Leben zu rufen. Am 27. Oktober 1945 fand dann offiziell die Gründungsversammlung der Sillenbucher SPD in Anwesenheit eines Mr. Bauer von der Militärregierung statt, und am 4. November 1945 gründeten neun Mitglieder in der Gaststätte „Rose“ den Riedenberger Ortsverein neu. Beide Ortsvereine entwickelten sofort eine rege Tätigkeit, traten mit verschiedenen Aktivitäten an die Öffentlichkeit, veranstalteten öffentliche Versammlungen und wöchentliche Schulungsabende in der Gaststätte „Wilhelmshöhe“.

Da die Verwaltung zunächst völlig zusammengebrochen, die Besatzungsmacht verständlicherweise auch nicht gewillt war, mit der alten NS-Verwaltung zusammenzuarbeiten und weil schließlich die Verbindung nach Stuttgart äußerst mühselig war, leisteten die hiesigen politischen Kräfte Abhilfe. Wie in vielen Stadtteilen Stuttgarts bildeten sich auch in Sillenbuch und in Riedenberg so genannte „Arbeitsausschüsse“, Gremien, die eine Art Selbsthilfeorgane waren, keine Behörden amtlichen Charakters, aber von der Militärregierung geduldet.
Die Mitglieder der Arbeitsausschüsse fanden sich aus der gemeinsamen antifaschistischen Haltung zusammen. Aus dieser Gemeinsamkeit heraus hielten beispielsweise die Riedenberger SPDler – seit alters her viel weiter „links“ stehend als die Sillenbucher – und die Mitglieder der Riedenberger KPD lange Kontakt miteinander, veranstalteten in den ersten Nachkriegsjahren gemeinsame Maifeiern im „Waldhorn“.
Die Aktivitäten der Arbeitsausschüsse bei uns hier waren weitgehend unpolitischer Natur und dienten der Versorgung der Bevölkerung mit dem Lebensnotwendigen. Ein besonderes Augenmerk galt der Wohnraumfrage; wie überall war auch bei uns Wohnraum knapp und es herrschte in vielen Wohnungen eine drückende Enge. 1947 berichtete Fritz Dreizler auf einer SPD-Veranstaltung in Sillenbuch: „Wir sind am Ende der Leistungsfähigkeit mit der Belegung von Wohnungen und haben auch hier schon Fälle von Tuberkulose.“
Bei der Frage jedoch, welche Häuser der Landstadtsiedlung von der Beschlagnahmung durch die Militärbehörden ausgenommen werden sollten, weil deren Bewohner mit den Nazis nichts am Hut gehabt hatten, wurde die reibungsfreie Zusammenarbeit in dem hiesigen Arbeitsausschuss ernsthaft gestört, es gab darüber grundsätzliche Auseinandersetzungen politischer Natur zwischen den kommunistischen und den sozialdemokratischen Mitgliedern des Sillenbucher Arbeitsausschusses.

Im Jahre 1947 wurden die Arbeitsausschüsse aufgelöst und in der Stadt Stuttgart Bezirksämter und Bezirksbeiräte eingerichtet.
Die gute Arbeit der kommunalen SPD-Vertreter hatte bereits bei der ersten Gemeinderatswahl im Mai 1946 Früchte getragen. Sie brachte bei uns folgendes Ergebnis: die SPD erhielt 999 Stimmen, die DVP (FDP) 737 Stimmen, die CDU 728 Stimmen, die Freien Wähler 364 Stimmen und die KPD 310 Stimmen. Daraus ergab sich für die Zusammensetzung des ersten Bezirksbeirats des neu gegründeten Stadtbezirks Sillenbuch (mit den Stadtteilen Heumaden, Riedenberg und Sillenbuch): drei Sitze für die SPD, je zwei Sitze für die DVP und für die CDU und ein Sitz für die Freien Wähler. Zwischen den drei Ortsvereinen der SPD im Stadtbezirk wurde vereinbart, dass jeder Verein ein Mitglied und einen Stellvertreter bestellen sollte. Die Beiräte der ersten Stunde waren: Christian Schweitzer und Karl Knorpp aus Sillenbuch, Alfred Thienger und Alfred Hermann aus Riedenberg, Heinrich Pfitzenmaier und Eugen Pfeiffer aus Heumaden. Auch die SPD-Organisationen hier oben hatten sich rasch wieder etabliert: 1947 zählte der Ortsverein Riedenberg 21 Mitglieder und die Sillenbucher SPD hatte 91 Mitglieder.

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